Aber, wenn Du mal die letzten Jahre anschaust, gab es eben schon öfters solche Zuschauerstarts am 1. Spieltag.
Also im letzten Jahr kamen 3049 gegen Heilbron, das Jahr zuvor 2802 gegen Bietigheim und selbst in der Oberliga 2007/2008 gegen einen EHC Klostersee waren es mit 2169 noch mehr als gestern.
Im letzten Jahr gab es wie schon erwähnt die "Aktion 4000". Im Jahr davor waren die Eislöwen gegen Bietigheim endlich wieder zweitklassig und gingen ausserdem mit einem kaum veränderten Kader in die neue Saison, sprich die Zuschauer haben sich auch mehr als heuer mit dem Team identifiziert. Und 07/08 hat sicherlich der Umzug in die neue Eishalle einen Beitrag zum Zuschaueraufkommen geleistet. In diesem Jahr gibt es keinen dieser Effekte und so erleben wir in Dresden, was andere Clubs schon länger kennen: einen schleppenden Saisonstart bei den Zuschauerzahlen, der durch schönes Wetter zudem begünstigt wurde.
Man kann jetzt lange darüber grübeln, warum und wieso jetzt weniger Zuschauer kommen und ganz sicher haben auch die hausgemachten oder DD-spezifischen Probleme einen Beitrag dazu geleistet. Die aktuelle Brandt-Kolumne in der EHN (Auszug:
hier) zeigt aus meiner Sicht aber einen viel wichtigeren Grund auf: Das Produkt Eishockey verliert zunehmend an Qualität, weil es seine herausragendsten Eigenschaften verliert: Emotionen und Kreativität. Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, dass die Zuschauerzahlen sinken. Eishockey unterscheidet sich immer weniger von anderen Sportarten. Außer vielleicht darin, dass die Eintrittspreise höher sind, die Regel schwieriger zu verstehen und man dem Spiel als Ungeübter weniger gut folgen kann als dem trägen Rasenschach. Aber, wo ist das besondere? Das einzigartige?
Die Gründe dafür sind vielschichtig. Es gibt kaum noch Typen auf dem Eis. Eishockeyspieler sind austauschbar, haben keine Ecken und Kanten, sondern kommen mittlerweile wie Chorknaben daher. Erledigen vorbildlich ihren Job und verschwinden schnell wieder. Wen kann man heute noch hassen, wie seinerzeit Martin Sekera, Sebastian Klenner oder Harald Scheffler? Über wen kann man heute noch Witzchen machen wie damals über Udo Döhler oder das Riesenbaby Pete Gardner? Wer hat das Haar so schön wie Jörg Pohling? Wer ist so nervös wie Jonas? Wer langt hin wie Velebny, Gagnon, Hoffmann oder Hruby? Wo findet man heute noch Traumpaare wie Welke/Calce, Ekrt/Buchal oder auch Kirton/Gill (:D)? Welcher Eislöwenspieler polarisiert wie Jan Schertz, David Musial oder Petr Mika?
Und neben dem Eis sieht es kaum besser aus. Wann holt Truntschka endlich wieder die Bundeswehr? Ich will Kagerer und Bullard statt Kaminski und Berwanger! Für einen Ausraster von Joe West zahle ich gern Topzuschlag. In der alten Eishalle war es kalt, das Gedränge an den Toiletten während der Pausen kaum geringer und die Bratwurst verkohlt. Hat das zu rückläufigen Zuschauerzahlen geführt? Nein. Warum nicht? Weil Eishockey geil war. Weil man schon beim Einlauf eine Gänsehaut hatte. Weil man sich mit kreativen Sprechchören selbst feierte, nicht zu ernst nahm und über den Gegner lustig machte. Aufwendige Choreos sind was großartiges. Aber das "Böse"-Schild oder die "Wir sind wenig aber geil!"-Tapete der Ravensburger ebenso unvergessen.
Man kann gern tagelang hundertseitige Konzeptpapiere entwickeln und über Werbeaktionen nachdenken, die man dann wegen fehlender Resourcen (Geld, Personal) doch nicht umsetzt. Nur: was nutzt die beste Werbeaktion für ein Eishockeyspiel, wenn einem schon bei der Einlaufshow die Füße einschlafen? Natürlich braucht man mehr Werbung. Aber noch vielmehr braucht man ein gutes Produkt, das zudem besser ist als das der Konkurrenz. Wenn es im Stadion brodelt, wollen die Leute auch dabei sein. Wenn man beim Eishockey besser unterhalten wird als beim Fußball, sind die Leute auch eher bereit, den höheren Eintrittspreis zu zahlen. Wenn es beim Eishockey ein Spektakel zu erleben gibt, stellen sich die Leute auch bereitwillig in das Gedränge an der Abendkasse. Wenn man beim Einlauf der Spieler schon eine Gänsehaut bekommt, interessiert sich auch niemand mehr für den Durchsatz der Toilette. Wenn die Luft beim Anstoßbulli brennt, ist unwichtig, wieviel heiße Luft hinter den Kulissen abgelassen wird. Ein gutes Produkt ist die beste Werbung.
Preissenkungen werden kaum positive nachhaltige Effekte hervorrufen, denn ein preisgesenktes Produkt erscheint einem auch weniger wert und somit erreicht man genau das Gegenteil von dem, was man erreichen will. Eishockey ist ein Nischenprodukt und Nischenprodukte punkten fast immer über die Qualität und das Besondere. Für weniger Geld kann man auch zum Fußball gehen. Um Kaartinen/Jarrett/Zurek zu sehen nicht. Die Leute wollen nicht, was jeder hat. Die Leute wollen haben, was andere nicht haben. Es muss einfach unterhaltsamer/besser/angesagter sein, zum Eishockey zu gehen, als zu irgendwelchen anderen Sportarten, wo jeder hingeht. "Eislöwenfans sind einfach cooler!" ... wenn das erstmal in den Köpfen der Leute drin ist, kommen die ganz von allein.
"Hey, guck mal! Der da drüben. Der ist Eishockeyfan. Ein echt harter Kerl. Der versteht sogar die Regeln."
"Boah, coooool!"